DIE GESCHICHTE DER SAMMLUNG
G. KISLYKH
Die Geschichte der Entstehung und Entwicklung der Sammlung der deutschen Graphik in den Kollektionen des Staatlichen Puschkin-Museums für Bildende Künste wie auch der gesamten Graphischen Sammlung des Museums begann 1861 in den Mauern des Moskauer Öffentlichen Museums und Rumjanzew-Museums, kurz Rumjanzew-Museum genannt. Das war das erste Kunstmuseum in Moskau, dem die Sammlung des Grafen Nikolai Petrowitsch Rumjanzew (1754–1826) zugrunde lag, die auf allerhöchsten Befehl des Zaren Alexander II. von St. Petersburg nach Moskau übergeben wurde. Die Rumjanzew-Sammlung bestand aus Handschriften, Büchern, ethnographischen und archäologischen Materialien und einigen Gemälden. Da graphische Werke in ihr aber vollkommen fehlten, schenkte Alexander II. Moskau gleichzeitig 20 170 Graphiken aus den Dubletten, die in der Eremitage aufbewahrt werden. Diese Schenkung legte den Grundstein für das künftige Graphische Kabinett, das Teil der Abteilung der Schönen Künste und des Klassischen Altertums im Rumjanzew-Museum wurde.
Die Schenkung Alexander II. war sehr breit gefächert in der Thematik wie auch in der Vielfalt der Namen und zeichnete sich so sehr durch die hohe Qualität der Nachdrucke aus, dass das Kupferstichkabinett schon im Jahr 1862, zum Tag der Eröffnung des Rumjanzew-Museums für das Publikum, unter dem Titel „Große Meister der Graphik" die erste Ausstellung ausrichtete. In ihr wurden Werke der bedeutendsten Meister der westeuropäischen Graphik gezeigt, darunter von A. Dürer, Lucas van Leyden, H. Goltzius, Rembrandt, M. Raimondi, S. Rosa, J. Callot, W. Hogarth, F. Bartolozzi, J. Edelink und vielen anderen. Unter den ausgestellten Arbeiten waren nicht wenige erstklassige Graphiken Dürers. Sie gehören bis heute zu den besten Nachdrucken Dürers in der Sammlung des Museums.
Die Eröffnung des Kupferstichkabinetts in Moskau wurde mit großer Begeisterung aufgenommen, besonders unter den Kunsthistorikern, Sammlern und Künstlern. Es befand sich im zweiten Stock des Paschkow-Hauses in der Wosdwishenka-Straße, und seine Bestände umfassten nicht nur Graphik. Zu Beginn gab es im Kabinett Fotografien von Skulpturen, Architektur und Malerei, Reproduktionen sowie Bücher über Kunst. Für das Publikum wurde das Kabinett im Jahre 1865 zugänglich. Damals wurde ein Lesesaal für den Empfang von Besuchern eröffnet, denen die Möglichkeit geboten wurde, sich mit den in Mappen aufbewahrten Graphiken bekannt zu machen. Im Verlauf des 150-jährigen Bestehens des Kupferstichkabinetts wurde die Arbeit des Lesesaals niemals unterbrochen. Eine der wichtigen Besonderheiten der Aufbewahrung von Graphik ist die Unmöglichkeit der länger währenden Präsentation von Graphiken und Zeichnungen in der Ständigen Exposition, weil Papier und Aquarellfarben unter der Einwirkung des Lichts ausbleichen. Deshalb wurde die Ausstellungstätigkeit vom Moment der Gründung des Kupferstichkabinetts an einer der grundlegenden Aspekte seiner Arbeit. In den Berichten des Rumjanzew-Museums für die Jahre 1873–1875 hieß es, dass die regelmäßigen Ausstellungen zur Geschichte der Graphik in seinen Mauern eine gewohnte Erscheinung waren.
Da das Museum in den ersten Jahrzehnten seiner Existenz keine finanziellen Mittel zur Vervollständigung der Sammlung besaß, konnte sich das Kupferstichkabinett nur dank privater Schenkungen erweitern, durch Spenden und Vermächtnisse, aber auch dank der Übergabe graphischer Arbeiten aus anderen Einrichtungen. Den Auftakt solcher Übernahmen machte Ende der 1860-er Jahre die Sammlung gravierter polnischer Porträts aus dem Wilnaer Museum des Altertums und von Graphik der russischen Schule aus der Akademie der Künste in Petersburg.
Eine der ersten Schenkungen für das Kupferstichkabinett ist verbunden mit dem Namen von K.I. Rjumin, einem nach Moskau übergesiedelten Kaufmann aus Rjasan. Von 1866 bis 1873 fuhr er durch Europa und stellte dort eine gute Kollektion westeuropäischer Zeichnung zusammen, die 2500 Blätter umfasste. Seine Schenkung legte den Grundstein für die Vervollständigung der Zeichnungen im Kupferstichkabinett. Die Graphische Sammlung des Rumjanzew-Museums war lange Jahre die einzige staatliche Sammlung in Moskau und namentlich hierhin kamen die Schenkungen und Spenden verschiedenster Kollektionen, einschließlich russische und östliche Graphiken. 1893 wurden dem Kupferstichkabinett durch das Testament vom Bruder des Künstlers Alexander Iwanow ca. 500 Zeichnungen A. Iwanows und K. Brüllows übergeben. Im Jahr 1897 erhielt das Kabinett eine umfangreiche Kollektion von russischer Graphik und Volksbilderbogen (Lubok), gesammelt von D.A. Rowinski. Dank dieser Schenkung war die Sammlung der russischen Druckgraphik des Rumjanzew-Museums in jener Zeit landesweit die beste.
Im neuen Jahrhundert verzeichnete die Graphische Sammlung weitere Zugänge durch Schenkungen und Vermächtnisse. 1901 erhielt das Museum von S.W. Tschelnokow 52 Graphiken niederländischer und alter deutscher Meister, die aus der Kollektion von F.I. Buslajew stammten. Viele der übergebenen Blätter befanden sich einst in der berühmten Sammlung der Familie Mariette.
Im Jahre 1903 erhielt das Museum per Testament von A.P. Klatschkow ungefähr 500 Zeichnungen. Unter ihnen waren Werke russischer und westeuropäischer Künstler. Und 1914 kam N.S. Mossolows gesamte prachtvolle Kollektion von Graphiken und Zeichnungen durch dessen Testament ins Rumjanzew-Museum. N.S. Mossolow, ein Freund des Kupferstichkabinetts und Ehrenmitglied des Museums, schenkte in verschiedenen Jahren wiederholt einzelne Werke seiner Sammlung, unter denen Radierungen der Meister der Holländischen Schule, eine Sammlung von Porträts aus der „Ikonographie" A. van Deycks und Graphiken moderner europäischer Künstler waren. Der Zugang, der erst nach Mossolows Tod angenommen wurde, schloss eine einzigartige Kollektion von Graphiken Rembrandts ein. Im Jahr 1916 wurde dem Kupferstichkabinett eine S.N. Kitajew gehörende Sammlung östlicher Graphik hinzugefügt. Sie schloss 600 gemalte japanische Papierrollen, 2000 Graphiken und 400 illustrierte japanische Bücher und Mappen ein.
Wir nennen nur die größten Moskauer Kollektionen, die in das Rumjanzew-Museum eingingen (Einzelarbeiten oder Werkgruppen wurden dem Kupferstichkabinett ständig gebracht). Diese Kollektionen bestimmten die Richtung der weiteren Entwicklung des Kabinetts, in dem gleichberechtigt Werke russischer, östlicher und westeuropäischer Künstler bewahrt wurden.
Die Museumssammlungen, die entsprechend den verschiedenen europäischen Schulen eingegliedert sind, haben sich ungleichmäßig vergrößert, und man muss sagen, dass der deutsche Teil der Graphischen Sammlung in geringerem Tempo als die anderen Schulen Westeuropas wuchs. In ganz Russland und insbesondere in Moskau gab es keinen einzigen Kollektionär, dessen Sammlungsgegenstand nur die deutsche Graphik gewesen wäre. Dieser Fakt bestimmte die Struktur der deutschen Schule im Museum. Sie formierte sich Stückchen für Stückchen und wuchs durch einzelne Arbeiten.
Vor diesem Hintergrund ist die Kollektion des bekannten Moskauer Rechtsanwalts N.W. Basnin, Ehrenmitglied des Rumjanzew-Museums und ausgewiesener Graphiksammler, besonders wichtig und interessant. Sie kam 1918 ins Kupferstichkabinett und bestand aus Büchern, Graphiken und Zeichnungen – im Großen und Ganzen mehr als 8000 Blätter. Die Abteilung der westeuropäischen Graphik war mit Arbeiten des 15. bis 20. Jahrhunderts vertreten. Unter anderen Meistern Westeuropas nahmen die Graphiken von Dürer, seiner Schüler und Zeitgenossen einen Ehrenplatz ein. Die Qualität vieler Nachdrucke war ausgezeichnet. Dank der Sammlerzeichen auf der Rückseite der Graphiken können wir den zurückgelegten Weg einer ganzen Reihe von Dürer-Blättern bis zu deren Eingang in die Basnin-Sammlung verfolgen. An dieser Stelle muss man die Namen der bedeutendsten Moskauer Graphiksammler, solcher wie N.S. Mossolow und P.I. Sewastjanow, nennen. Mit ihnen stand N.W. Basnin stets in engem Kontakt, was typisch war für Sammler an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert.
Nach der Revolution von 1917 gingen ins Rumjanzew-Museum große Kollektionen aus dem Staatlichen Museumsbestand ein, in den sie nach der Nationalisierung der Privatsammlungen gelangt waren. Die Sammlung der Fürsten Dolgoruki und Barjatinski, Wjasemski-Scheremetjew und Michalkow, von A. G. Bobrinski und G.A. Brokar haben die Kollektionen des Kupferstichkabinetts entscheidend komplettiert.
Das schnelle Wachstum der Museumssammlung und ein Fehlen von Räumen für deren Aufbewahrung führte 1921 zum Beschluss des Narkompros (Volkskommissariat für Bildungswesen) über die Reorganisation des Rumjanzew-Museums. In den Räumen des Paschkow-Hauses verblieb nur die Bibliothek, die den Namen Staatliche Lenin-Bibliothek erhielt. Die ganze Sammlung der Malerei, Skulpturen und angewandten Kunst des Auslands wurde dem in Moskau 1912 eröffneten Museum der Schönen Künste, das den Namen des Zaren Alexander III. trug, übergeben. Der russische Teil der Kollektion ging in die Tretjakow-Galerie. Um das Kupferstichkabinett entbrannte unerwartet ein Kampf, da die Bibliothek darauf bestand, dass das Kabinett bei ihr verblieb, die Kabinettsmitarbeiter und viele Moskauer Kunsthistoriker sich aber für seine Überführung in das Museum der Schönen Künste einsetzten. Im Ergebnis wurde 1924 ein Beschluss zur Übergabe des Kupferstichkabinetts in das Museum der Schönen Künste angenommen, doch dabei musste die Kollektion der russischen Graphik aufgeteilt werden - zwischen der Tretjakow-Galerie, wohin alle russischen Zeichnungen kamen, und dem Museum der Schönen Künste, wo die Kollektion der russischen Graphik aufbewahrt wurde. Bei der Überführung der Sammlungen fand im Kupferstichkabinett eine gewisse Reorganisation statt. Die Bibliothek wurde aus seinem Bestand entfernt und zur grundlegenden wissenschaftlichen Bibliothek des Staatlichen Puschkin-Museums für Bildende Künste (russ. GMII „Puschkin"), und auch die Fotografien, Reproduktionen und Negative, die im Museum der Schönen Künste nun die Abteilung Reproduktionen bildeten. Danach erlangte der Bestand der Kollektionen des Kupferstichkabinetts jene klare und verständliche Struktur, die er bis zum heutigen Tag besitzt.
Im Museum der Schönen Künste wurde dem Kupferstichkabinett das sogenannte „dunkle Magazin" zugewiesen (jetzt ist das der Saal Nr. 7 im Hauptgebäude des GMII). Im Vergleich zu den vormaligen Räumlichkeiten erschien er riesig. Säulen teilten ihn in drei Schiffe, die Fenster von zwei Seiten gingen in die Innenhöfchen des Museums. Im Hauptschiff brachte man die gesamte Graphiksammlung unter. Entlang der Fenster rechts befand sich der Studiensaal für die Besucher, links standen die Tische der Mitarbeiter. Großformatige Schränke trennten Arbeitsplätze und Studiensaal vom Hauptdepot. Die Wände zwischen den Fenstern des Studiensaals nutzte man für kleine Ausstellungen.
Die Überführung des Kupferstichkabinetts aus dem Rumjanzew-Museum in das Museum der Schönen Künste spielte eine entscheidende Rolle im Leben des Kabinetts: Aus einer hauptsächlich bibliotheksmäßigen Atmosphäre kam es in die Sphäre eines jungen, sich entwickelnden Kunst-Museums. Das Leben des Kupferstichkabinetts war jetzt eng verbunden mit der Museumstätigkeit. Im Zusammenhang damit bewahrte es auch seine Individualität. Als das Kupferstichkabinett in das Museum der Neuen Westlichen Kunst kam, wurde es zur einzigartigen und einzigen Graphiksammlung im Land, die graphische Kunst aller Zeiten und Länder einschloss. Von anderen Abteilungen des Museums der Schönen Künste, ja selbst von den anderen Museen des Landes unterschied sich das Kupferstichkabinett darin, dass in ihm der Studiensaal für Besucher weiter existierte, deren Zahl sich mit jedem Jahr vergrößerte.
Von 1920 bis 1930, schon in den Mauern des neuen Museums, entwickelte sich das Kupferstichkabinett schnell weiter, dank Schenkungen und Spenden, Zugängen aus dem Staatlichen Museums-Fonds (GMF), der Staatlichen Eremitage (1930 – 626 Zeichnungen) und dem Historischen Museum, unter denen nicht wenige Arbeiten deutscher Meister waren. Damals begannen auch die planmäßigen Ankäufe. 1937 erwarb das Museum (seit 1937 – unter dem Namen „Staatliches Puschkin-Museum für Bildende Künste" – GMII „Puschkin") im Antiquariat eine große Zahl bedeutender Arbeiten, darunter auch Graphiken M. Schongauers.
Eine wichtige Etappe in der Herausbildung der graphischen Kollektion war das Jahr 1948. In diesem Jahr wurde auf Beschluss der Regierung das Museum der Neuen Westlichen Kunst (GMNSI) aufgelöst und seine Sammlung zwischen dem GMII und der Staatlichen Eremitage aufgeteilt. Im Ergebnis erhielt das Kupferstichkabinett mehr als 600 Zeichnungen und 4400 Graphiken, zu denen fast die gesamte Sammlung deutscher Graphik gehörte, die nun die deutsche Kollektion auf bedeutende Weise mit Arbeiten von Künstlern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts komplettierte.
Im selben 1948er Jahr wurde dem Kabinett durch das Testament des verstorbenen Sammlers russischer Graphik P.D. Ettinger dessen große Sammlung übergeben. 1969 schenkte der ehemalige Mitarbeiter des Kabinetts, Professor A.A. Sidorow, dem GMII seine weitgefächerte Kollektion westeuropäischer Zeichnung und Graphik, in der die Arbeiten deutscher Meister dominierten. Dies war eine originelle Gabe des Sammlers an das Kupferstichkabinett, das 1965 einen neuen Standort erhielt und 1966 im sogenannten Werstowski-Haus seine Türen für die Besucher öffnete. In den folgenden Jahrzehnten wurden einige große graphische Kollektionen erworben, unter denen man unbedingt die Sammlungen von G.G. Lemmlein (mehr als 1000 Graphiken), S.P. Warschawski (ca. 1200 Graphiken) und Zeichnungen von Meistern des 20. Jahrhunderts, erworben bei I.G. Ehrenbourg, hervorheben muss. Die in der Zusammensetzung unterschiedlichen Kollektionen (die eine hatte nur Graphiken, die andere Zeichnungen) werteten die Museumssammlung bedeutend auf. Insgesamt erweiterte das Kupferstichkabinett in den vergangenen fünfzig Jahren seine Sammlung um mehr als 50 000 Werke der Graphik.
Im Jahre 1961 wurde I.A. Antonowa Direktorin des Puschkin-Museums. Zu ihrem ersten Schritt auf dem Weg der Erweiterung des Museums wurde die Angliederung des Nachbargebäudes – des Werstowski-Hauses. 1961 erhielt das Museum diese Villa in seinen Besitz. Vier Jahre dauerten die Aussiedlung der Bewohner und Restaurierungsarbeiten. Buchstäblich aus Ruinen ließen die Restauratoren das Gebäude wiedererstehen und stellten die charakteristischen Züge seines äußeren Antlitzes und der Innenausstattung wieder her. Die Villa, erbaut 1826-1828 nach dem Projekt des angesehenen russischen Architekten F.M. Schestakow, der aktiv am Wiederaufbau Moskaus nach dem Brand von 1812 teilgenommen hatte, stellt eine typische Form des Moskauer Empire dar. Bis 1917 befand sie sich in Privatbesitz verschiedener Persönlichkeiten. Während des Ersten Weltkriegs war in der Villa ein Hospital untergebracht. Nach der Revolution arbeitete dort einige Zeit eine Kinderbibliothek. In den 1930-er Jahren stellte man das Gebäude als Wohnraum zur Verfügung, nachdem man seine Räumlichkeiten in kommunale Wohnungen umgewandelt hatte.
Während der Restaurierung passte man das Gebäude, ohne die frühere Architektur zu zerstören, den Bedürfnissen des Kupferstichkabinetts an. In der zweistöckigen Villa mit Mansarde, mit einem prächtigen Foyer, geschmückt von Fresken im Stil des Empire, waren nicht nur die Depots des Kupferstichkabinetts und Restaurationswerkstätten untergebracht, sondern auch Ausstellungsräume und ein großer, heller Studiensaal zur Vorlage von Graphik. Bis 1980, als auf Anforderung der Feuerwache die Ausstellungssäle geschlossen wurden, zeigte die Graphikabteilung (so wurde das Kupferstichkabinett nach 1966 genannt) in diesen Sälen eine Vielzahl graphischer Ausstellungen aus seiner Sammlung, aus Privatkollektionen und aus anderen Museen.
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Jetzt nimmt die Graphikabteilung zwei Stockwerke ein und in der Mansarde befinden sich die Restaurationswerkstätten. Die Kollektionen vergrößern sich und beinhalten heute mehr als 380 000 Werke der Graphik. Die gesamte Sammlung ist nach Schulen unterteilt (und dementsprechend nach Ländern) und innerhalb jeder Schule sind die Drucke chronologisch geordnet. Der Bestand einer großen Zahl von Arbeiten eines einzelnen Meisters gestattete es, monographische Alben anzulegen, bisweilen mehrere Alben mit Arbeiten eines Meisters. Ein Spezialist des jeweiligen Gebietes bewahrt die Blätter jeder Schule auf, bearbeitet sie wissenschaftlich und popularisiert sie.
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Die Sammlung der deutschen Graphik umfasst mehr als 22 000 Blätter vom 15. bis zum 20. Jahrhundert. Bei ihrer Zuordnung und wissenschaftlichen Bearbeitung spielte A.A. Sidorow eine große Rolle, der Kustos der Sammlung der deutschen Graphik war und von 1926 bis 1926 Leiter des Kupferstichkabinetts. In der Abteilung befinden sich auch heute noch Alben, die von A.A. Sidorow zusammengestellt wurden, sowie Inventarverzeichnisse von seiner Hand. Sidorows Interessen waren ungewöhnlich breitgefächert und vielfältig: von der russischen Illustration bis zur italienischen Zeichnung. Dabei ist anzumerken, dass er auf dem Posten des Kustos der Werke der deutschen Schule fast die ganze Sammlung der deutschen Graphik systematisch ordnete, eine Vielzahl von Mappenverzeichnissen aufstellte und den ersten wissenschaftlichen Katalog der Graphiken Albrecht Dürers veröffentlichte, den er 1928 für die Ausstellung anlässlich des 500. Todestages des Künstlers vorbereitet hatte. Nach Sidorows Weggang aus dem Museum vertrat ihn einige Zeit M. I. Fabrikant, ein Spezialist für deutsche Kunst des 20. Jahrhunderts. Danach wurde E.L. Ljubimowa Kustodin der deutschen Graphik (sie arbeitete auf diesem Posten bis zu ihrem Tod 1963). Sie setzte Sidorows Arbeit an der Systematisierung und wissenschaftlichen Aufarbeitung dieses Teils der Kollektion fort.
Die Sammlung der Graphiken Albrecht Dürers im GMII zählt 215 Werke des Meisters (121 Holzschnitte, 88 Kupferstiche, 2 Kaltnadel- und 4 Radierungen), eine große Anzahl von Kopien und Drucken seiner späteren Zeit. Obgleich insgesamt hoch, ist die Qualität der Drucke unterschiedlich. Von Interesse sind vor allem zehn seltene Probedrucke von den Holzdruckstöcken aus den Serien „Marienleben", „Große Passion" und „Apokalypse". Das sind in der Qualität gleichwertige Blätter, gut durchgedruckt mit der Bewahrung aller Linien und Striche. Zwei von ihnen besitzen die ersten Probenummern des Künstlers, und die restlichen gehören zu Ausgaben zu seinen Lebenszeiten (1498 und 1511). Fast alle Museumsdrucke aus der „Großen Passion" sind im Jahr 1511 herausgegeben, mit Ausnahme von einem Erst- und zwei Spätdrucken. In der Serie „Marienleben" wechseln erstklassige, seltene Drucke mit späteren Nachdrucken, die zur Mitte des 16. Jahrhunderts zählen. Schließlich datieren fast alle Drucke der Serie „Kleine Passion", die im GMII aufbewahrt sind, Ende des 16., Anfang des 17. Jahrhunderts. Die Drucke außerhalb der Serien gehören in gleicher Zahl an den Beginn, zur Mitte und an das Ende des 16. Jahrhunderts.